Und der kleine, rote Kotzeimer
Mein erstes Trimester liegt schon einige Wochen zurück. Wenn ich heute an diese Zeit denke, kann ich schmunzeln. Doch als ich noch mitten drinsteckte, war mir oft nicht zum Lachen zu mute, sondern eher zum Heulen. Mich hat es, wie so viele andere Frauen auch, richtig erwischt. Übelkeit und Erbrechen 24/7. Ein Dauerzustand, der auch als Foltermethode durchgehen würde.
In der Frühschwangerschaft hatte ich einige Feinde, keine Frage. Aber ich habe auch Freundschaften geschlossen. Mein bester Freund zu dieser Zeit: der kleine, rote Kotzeimer. Ohne ihn konnte ich nicht existieren. Er begleitete mich in jedes Zimmer. Diesen Zustand sah ich nicht kommen. Klar, von der berühmten „Morgenübelkeit“ hat jeder schonmal was gehört. Doch mittlerweile bin ich mir nicht so sicher, ob die überhaupt existiert. Vielleicht ist damit gemeint, dass die Übelkeit morgens am schlimmsten ist. Das wiederrum kann ich so unterschreiben.
Die fiesen Gerüche waren wohl meine größten Feinde zu dieser Zeit. Ich bin grundsätzlich schon sehr geruchsempfindlich. In der Schwangerschaft wurde es jedoch noch schlimmer. Das ist ein ganz normaler Vorgang, wie so oft sind hier die veränderten Hormone schuld. Aber ich möchte mich mal weit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass es mich ganz besonders schlimm getroffen hat. Mein Staatsfeind Nr. 1: der Kühlschrank. Eigentlich liebe ich meinen Kühlschrank. Ich befülle ihn gerne und das Essen, was sich darin befindet liebe ich noch mehr. Doch ich konnte ihn wochenlang nicht öffnen, ohne mich danach zu übergeben. Mein Mann musste immer zur Stelle sein, wenn ich etwas brauchte. Und wenn er nicht in der Nähe war, dann endete der Kampf auch gerne mal in einem Nervenzusammenbruch und den hatte selbstverständlich nicht der Kühlschrank. Morgens war es am schlimmsten. Hauptsächlich, weil ich keinen Kaffee mehr runterbekommen habe.
KAFFEE!! ICH!!! KEINEN KAFFEE!!! Wenn ich könnte würde ich mir den intravenös verabreichen. Aber damit war erstmal Schluss. Die Kombi Hormone und kein Kaffee ist dementsprechend nicht so geil. Sagen wir mal, es war für alle Beteiligten keine optimale Zeit. Aber wir und vor allem ich habe es überstanden.
So ätzend die Übelkeit auch war, gab es mir
dennoch ein wohliges Gefühl. Sie soll ja ein gutes
Zeichen sein, vor allem in der Frühschwangerschaft. Es zeigt, dass
der Körper ein hohes Maß
an Schwangerschaftshormonen hat. Diese Hormone sind wichtig, damit die
Schwangerschaft bestehen bleibt. Das ist natürlich
von Frau zu Frau ganz individuell. Einige haben gar keine Beschwerden und
bringen dennoch ein gesundes Kind zur Welt. Das soll also nichts heißen, trotzdem war das für mich immer wieder ein Trost. Es ging sogar
soweit, dass ich mich regelrecht testete, wenn es mir an einem Tag
ausnahmsweise gut ging. Einmal öffnete ich selbstsicher den Kühlschrank, inhalierte die verschiedenen Gerüche und zack, es dauerte keine 10 Sekunden, da
hing ich schon wieder über meinem geliebten roten
Kotzeimer und war beruhigt. Das klingt schon fast etwas masochistisch. Aber mit
Hinblick auf meine Vorgeschichte sicher auch nachvollziehbar. Bei meiner ersten
Schwangerschaft hörten die Symptome sehr plötzlich auf und genau das war meine größte Angst: „Mir ist nicht mehr übel, da stimmt was nicht.“
Durch die Übelkeit war ich oft erschöpft und habe viel geschlafen. Wenn ich einen
wichtigen Termin hatte oder arbeiten musste half mir ein Medikament, das mir
meine Frauenärztin verschrieben hat. Ich habe es nur im äußersten Notfall genommen, doch
ohne dieses Medikament hätte ich nicht vor der Kamera
stehen können. (An dieser Stelle möchte ich ungern Werbung für bestimmte Medikamente machen. Besprecht sowas am
besten direkt mit eurem Frauenarzt oder eurer Frauenärztin. Ansonsten kann ich euch darüber hinaus die Seite www.embryotox.de von der Charité
empfehlen. Dort findet ihr unabhängige Informationen zur Verträglichkeit von Arzneimitteln in der Schwangerschaft
und Stillzeit. Es wird auch eine individuelle Beratung angeboten, welche sogar
kostenlos ist. Weitere Infos findet ihr, wenn ihr dem Link folgt.)
Als die 12. Woche endlich rum war, begann die schöne Zeit der Schwangerschaft. Mir ging es von Tag zu Tag besser, die Laune stieg an und ich hatte wieder Lust das Haus zu verlassen. Außerdem waren die „kritischen“ drei Monate geschafft. An Weihnachten weihten wir unsere Familien und Freunde in unser kleines Geheimnis ein. Zugegeben, es war nur ein halbes Geheimnis, denn einige haben es schon geahnt. Meine besten Freundinnen hatten mich schon längst durchschaut, aber meine Zurückhaltung respektiert. Und dafür bin ich ihnen immer noch dankbar. Die Wochen vergingen und somit auch die Angst. Ich kann nicht mehr genau sagen, ab wann ich sie nicht mehr im Nacken hatte. Aber ab Woche 13 wurde es immer besser.
An alle Leidensgenossinnen da draußen: I feel you! Es lässt sich nicht schönreden, es ist beschissen, aber es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Haltet durch! In den meisten Fällen verschwindet die Übelkeit mit der 12. Woche. Ich würde euch gerne Tipps geben, die euch durch diese blöde Zeit geleiten. Doch bei mir halfen weder die Einnahme von Vitamin B, noch die klassischen Hausmittelchen, wie Ingwertee oder Lavendel. Wenn ihr könnt, dann esst. Ganz egal was. Hauptsache Essen. Das war mein Motto, damit ich überhaupt etwas zu mir nehme. Auch wenn ich mich zu dieser Zeit hauptsächlich von vegetarischem Sushi ernährt haben (jap, das ging ganz schön ins Geld), kam auch mal die altbekannte Glutamat-Schleuder „5-Minuten-Terrine“ zum Einsatz. Aber ganz ehrlich, das war mir in dem Moment sowas von egal und meinem Kind hat es offensichtlich nicht geschadet. Jeder muss für sich seinen individuellen Weg finden. Ich drücke euch die Daumen, dass ihr für euch etwas findet, das hilft.
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